© MKM
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LaTerra

Die Biokohle von „LaTerra“ stärkt geschädigte und ausgezehrte Böden. Energiepflanzen und Bäume in der Lausitz und im Sauerland können auf Land wachsen, das mit regional produziertem Kohlesubstrat wieder fruchtbar wird. Aus einer uralten Tradition gelingt Innovation.

Biokohlekompost für „Problemböden“

Das Projekt LaTerra konzentrierte sich darauf, mit Biokohlekomposten Bodenprobleme in drei unterschiedlichen Regionen zu mindern. Zunächst in einer Region in Brandenburg, in der die Nutzung von Böden durch sogenannte militärische Altlasten eingeschränkt ist. Hier ging es z.B. um Böden, die mit großen Mengen ausgelaufener Kraftstoffe verunreinigt wurden.

Darüber hinaus wurden in der Lausitz Böden ins Visier genommen, die nach der Nutzung als Braunkohletagebau wieder in gesunde Landschaften verwandelt werden sollen. Hier fehlt den neuen Böden vor allem der Humus, die Substanz, die erst Leben und wichtige Funktionen möglich macht. Ferner beschäftigte sich LaTerra mit den Böden von Waldflächen im Sauerland, die durch die Folgen des Jahrhundertsturms Kyrill (2007) um ihren Baumreichtum gebracht wurden. Auf den oftmals am Hang liegenden Flächen wieder neue Bäume anzusiedeln, fordert dem Boden einiges ab.

Für alle Regionen galt folgendes Prinzip: Der Boden soll durch Komposte verbessert werden, denen Biokohle zugesetzt wurde, um die Wirkungen des Kompostes zu verbessern und zu verstetigen. Diese sogenannten Biokohlekomposte oder Biokohlesubstrate sollen den Böden helfen, wieder ein intaktes Bodenleben zu entwickeln, Nährstoffe und Wasser besser im Boden zu halten sowie Schadstoffe schneller abzubauen.

Generell soll die Bodenfruchtbarkeit und damit auch die Ertragsfähigkeit der auf diese Weise behandelten Böden nachhaltig gesteigert werden.

Bodenverbesserer „Terra Preta“

Das Verbundprojekt machte sich hier die Ergebnisse der Terra-Preta-Forschung zunutze. Bei Terra Preta handelt es sich um schwarze Böden, die vor allem im Amazonasgebiet gefunden wurden und sich durch eine überdurchschnittlich hohe Bodenfruchtbarkeit auszeichnen. Sie wurden von der indigenen Bevölkerung, die dort vor Hunderten von Jahren lebte, durch eine sinnvolle Wiedernutzung der anfallenden Abfälle in ihren Gärten erstellt. Dabei nutzten die Menschen auch die Holzkohlereste ihrer Herdfeuer. Vor allem letztere sollen den Böden zu einer über Jahrhunderte anhaltenden hohen Ertragsfähigkeit verholfen haben.

Und noch eines war im LaTerra-Projekt sehr wichtig: Alle in den Biokohlesubstraten (BKS) verarbeiteten Reststoffe sollten aus den Regionen stammen und damit der Kreislaufwirtschaft und dem Stoffstrommanagement vor Ort wichtige Impulse verleihen. So wurden in den einzelnen Regionen die anfallenden Stoffströme genau unter die Lupe genommen und vor allem bisher noch nicht genutzte organische Reststoffe aufgespürt. Darüber hinaus erfolgte eine umfangreiche Betrachtung zur wirtschaftlichen Machbarkeit dieser Ideen.

Tankstellen-Baracke auf ehemaliger militärischer Liegenschaft. © Florian Worzyk
Tankstellen-Baracke auf ehemaliger militärischer Liegenschaft. © Florian Worzyk

Altlasten werden zu Anbauflächen für nachwachsende Rohstoffe

Bei Bodenuntersuchungen wurde festgestellt, dass in den Böden, die mit Biokohlesubstraten behandelt wurden, die Mikroorganismen aktiver werden: So wurden die in den Böden vorgefunden Verunreinigungen mit Mineralölen schneller abgebaut und das Wachstum der Versuchspflanzen nachhaltig verbessert.

„Für diese Gebiete haben wir einen ganzheitlichen Ansatz entwickelt, um Schadstoffe in Böden abzubauen, schwache Böden aufzuwerten und neue Stoffkreisläufe zu etablieren.“

Prof. Dr. Konstantin Terytze, FU Berlin

Bei einer weiteren untersuchten Bodenverunreinigung – polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe als Überbleibsel einer ehemaligen Teerfabrik – wurde die Gefahr einer Aufnahme durch Pflanzen sowie einer möglichen Kontamination des Grundwassers reduziert. Die Bioverfügbarkeit der vorliegenden Schadstoffe wurde signifikant herabgesetzt.

Der Einsatz der Biokohlesubstrate könnte in der Tat dabei helfen, die riesigen ungenutzten Flächen der militärischen Altlasten im Bundesland Brandenburg – immerhin 8 Prozent der Landesfläche – wieder einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen, z. B. für den Anbau nachwachsender Rohstoffe. Diese stehen oft bereits in Konkurrenz zum Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln. In der Region fanden bisher verschiedene Workshops mit interessierten Akteuren, darunter Agrargenossenschaften und landwirtschaftliche Betriebe, Kompostierer, Abfallverbände, Gewässerunterhaltungsverbände und Bodensanierer, statt. Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse hat u.a. eine große Bodensanierungsanlage ihr Interesse bekundet, das innovative Verfahren der Dekontamination verunreinigter Böden durch den Einsatz von Biokohlesubstraten praxisnah in ihrem Betrieb zu testen.

Darüber hinaus konnte zusammen mit einem Nutztier-Ökobetrieb ein auf den Betrieb abgestimmtes Konzept zur Biokohlesubstratherstellung erarbeitet werden. Auf Grundlage dieses Konzeptes erfolgte die praktische Umsetzung der Biokohlesubstratherstellung, bei der die Biokohle schon als Einstreu in den Stall dient und anschließend zusammen mit den Tierexkrementen kompostiert wird. Eine anwendungsorientierte Mehrfachnutzung der Biokohle konnte so aufgezeigt werden.

Das LaTerra-Team entnimmt Bodenproben, um den Nährstoffgehalt zu ermitten. © Florian Worzyk
Das LaTerra-Team entnimmt Bodenproben, um den Nährstoffgehalt zu ermitten. © Florian Worzyk

Aus Tagebau wird Landschaft

Nach dem Tagebau sind die neu aufgeschütteten Böden oftmals schwierig zu bepflanzen, denn ihnen fehlt vor allem das, was der Boden braucht, um gut funktionsfähig zu sein: der Bodenhumus oder die organische Substanz. Auch in der Lausitz wurden mit den in unterschiedlichen Mengen zugeführten Biokohlesubstraten erste Erfolge erzielt. Die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen belegen eine deutliche Anhebung der organischen Substanz sowie des für Pflanzen sehr wichtigen Nährstoffs Stickstoff in den mit Biokohlesubstraten behandelten Böden. Zudem war in den Feldversuchen auch im vierten Jahr nach der BKS-Anwendung noch eine Verbesserung der Kalium- und Phosphorversorgung im Vergleich zur herkömmlichen reinen Mineraldüngung gegeben. Feld- und Gefäßversuche ergaben auch positive Effekte im Hinblick auf für den Boden wichtige Parameter wie die Kationenaustauschkapazität, die Wasserspeicherfähigkeit und die mikrobielle Aktivität.

Zwar sanken am Anfang des Projekts die Pflanzerträge sogar, da die Biokohle die vorhandenen Nährstoffe stark an sich gebunden hat. In den beiden letzten Jahren hingegen konnten in den Feldversuchen für die Rekultivierungsstandorte klare Steigerungen der Kornerträge durch den Einsatz von Biokohlesubstrat im Vergleich zur Mineraldüngung nachgewiesen werden.

„Wenn es gelingt, die Bodenqualität von belasteten Flächen wieder zu heben, können auf ehemaligen Militärarealen auch nachwachsende Rohstoffe angebaut und zur Energieerzeugung genutzt werden.“

Prof. Dr. Konstantin Terytze, FU Berlin

Kraft für junge Bäume im Sauerland

Ein verheerender Sturm kann schnell das Baumwachstum vieler Jahrzehnte vernichten. Nach Beseitigung der Sturmschäden ist es für die jungen Bäume oft schwer, auf am Hang liegenden Flächen genügend Nährstoffe zu bekommen, um gut anzuwachsen und die Wunden in der Landschaft durch kräftiges Neuwachstum zu schließen. Die eingesetzten Biokohlesubstrate konnten helfen, das Problem der Nitratauswaschung in der Modellregion zu vermindern. Sie helfen die Nährstoffe zu binden und den Pflanzen bei Bedarf zur Verfügung zu stellen.

Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Anwendung von Biokohlesubstraten die Vitalität von jungen Buchen stärkt. Eine Steigerung des Biokohleanteils im Kompost bringt hier weitere Vorteile.

Stoffstrompotenziale und wirtschaftliche Machbarkeit

Die Stoffstromanalyse in den Untersuchungsregionen Teltow-Fläming und Lausitz hat gezeigt, dass zahlreiche ungenutzte Potenziale zur Herstellung von Biokohlesubstraten vorhanden sind. Schwerpunkte hierbei sind verschiedene biogene Reststoffe, unter anderem Grüngut aus der kommunalen Sammlung, Gärreste aus Biogasanlagen sowie Material aus der Gewässerinstandhaltung. Diese ungenutzten Stoffströme verfügen in der Regel derzeit über keinen Marktwert, können jedoch durch den Aufbau tragfähiger Nutzungspfade in Wert gesetzt werden. Im Rahmen einer Geschäftsfeldanalyse wurden neben der Betrachtung der Herstellung von Biokohle, der Herstellung von BKS und der Integration einer Strom- und Wärmeerzeugung im Gesamtprozess, folgende Geschäftsfelder der Nachnutzung untersucht und mit Hilfe eines Berechnungstools simuliert: 1) der Verkauf von Biokohle, 2) der Verkauf von Biokohlesubstrat, 3) die landwirtschaftliche Nutzung, 4) die Rekultivierung und 5) die Sanierung kontaminierter Böden. Ergebnis der Geschäftsfeldanalyse ist, dass der Abverkauf von Biokohle (1) und von BKS (2) die interessantesten Perspektiven darstellen, da das Hochpreissegment des Garten- und Landschaftsbaus bedient werden kann. Der Einsatz in der Landwirtschaft (3) und bei der Rekultivierung (4) kann nur insofern für Anwender interessant werden, wenn ökologische Ziele verfolgt werden und sehr hohe Ertragssteigerungen nachgewiesen werden können.

Der Einsatz auf Konversionsflächen (5) wird interessant, wenn die Sanierungsdauer langfristig angesetzt wird und die zu sanierende Fläche einer land- und forstwirtschaftlichen Nachnutzung (z.B. Kurzumtriebsplantagen) zugeführt werden soll. Gleichzeitig resultieren aus der BKS-Anwendung im Boden positive externe Effekte, die eine staatliche Unterstützung rechtfertigen. Um die Höhe einer solchen Subventionierung zu ermitteln, müssen die externen Effekte mit einem Geldwert hinterlegt werden. Für einige positive externe Effekte ist eine Monetarisierung möglich: die CO2-Sequestrierung (15 €/t BKS), die Verringerung der Mineraldüngeremissionen (2,30 €/t BKS) und der Aufbau einer Humusschicht (8 €/t BKS). Der ermittelte Gesamtwert der positiven externen Effekte in Höhe von ca. 25 €/t BKS muss jedoch theoretisch noch um den aktuell nicht zu ermittelnden Wert der Erhaltung der Biodiversität und der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln im Grundwasser erhöht werden.

Ähnlich wie bei der Entwicklung der Photovoltaik in Deutschland wird es auch bei dem Einsatz von Biokohlesubstraten darauf ankommen, über Nischenmärkte und staatliche Unterstützungsmaßnahmen so viele Erfahrungen zu sammeln, dass die Kosten für die Erstellung der Biokohlesubstrate auf ein Niveau gedrückt werden, das auch für konventionelle Landwirte mit problematischen Böden interessant ist.

Eines der Versuchsfelder: ehemalige militärische Liegenschaft in Brandenburg. © Florian Worzyk
Eines der Versuchsfelder: ehemalige militärische Liegenschaft in Brandenburg. © Florian Worzyk

Handlungsanleitung für Praktiker und Politik

Über das Projekt hinaus wäre es wichtig festzustellen, ob die Wirkung der Biokohle, die mit den Komposten dem Boden zugeführt wurde, wirklich über viele Jahre anhält. Es gibt derzeit in unseren gemäßigten Breiten noch wenige Ergebnisse über längere Perioden. Dünger könnte so langzeitig eingespart werden, die Böden könnten möglicherweise resistenter gegenüber fehlenden Niederschlägen durch die Klimaveränderung werden. Die Ergebnisse der einzelnen Teilprojekte sind in einer Handlungsanleitung zusammengefasst, die eine Übertragung der Resultate auf andere Regionen mit ähnlicher Problemlage ermöglichen soll. Sie soll sowohl interessierten Praktikern vor Ort Anleitung geben, als auch Behörden die Thematik näher bringen.