© Catharina Stolte
© Catharina Stolte

NaLaMa-nT

Wie können Land-, Forst- und Wasserwirtschaft sich gemeinsam auf den Klimawandel einstellen? NaLaMa-nt entwickelte aus Klima-Szenarien Lösungen für einen Umstieg auf robustere Kulturpflanzen und Baumarten im Norddeutschen Tiefland. Ihr gemeinsames Vorgehen empfiehlt sich für andere Regionen.

Notwendigkeit eines Nachhaltigen Landmanagements

Das Ausmaß der bereits eingetretenen sowie die Geschwindigkeit der sich weiter abzeichnenden klimatischen Veränderungen sowie der weltweiten Vernetzung der Rohstoff-, Waren- und Finanzmärkte stellen große ökologische, ökonomische und soziale Herausforderungen unserer Gesellschaft dar. Die wichtigsten Aspekte sind insbesondere zu sehen in

• einer steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln, Rohholz und anderen nachwachsenden Rohstoffen,

• steigenden Intensitäten der landwirtschaftlichen und der forstlichen Landnutzung,

• veränderten Produktionsgrundlagen, Risiken und Ertragsaussichten durch die erwarteten bzw. bereits eingetretenen klimatischen Veränderungen und atmosphärischen Stoffeinträge aus der Luft,

• einem steigenden Trinkwasserbedarf in den Ballungszentren und Nutzwasserbedarf in der Landwirtschaft,

• einer zunehmender Flächenkonkurrenz zwischen den Landnutzungsformen (Forst- und Landwirtschaft) sowie den Produktionslinien (Ernährung, stoffliche und energetische Nutzung),

• der Flächenkonkurrenz mit dem Naturschutz sowie

• erwarteten bzw. sich verschärfenden Nutzungs- und Interessenkonflikten zwischen den Landnutzern in der Konkurrenz um die Ressource Wasser.

All dies beeinflusst zunehmend die Chancen und Risiken der Landnutzungsformen in ländlichen Räumen und zwingt verstärkt dazu, das Landmanagement des 21. Jahrhunderts nachhaltig zu gestalten. Doch was kennzeichnet ein Nachhaltiges Landmanagement? Das Forschungsprojekt NaLaMa-nT beantwortet diese Frage wie folgt:

Regionen sind unterschiedlich betroffen

Ein zukunftsfähiges Nachhaltiges Landmanagement erfordert demnach Anpassungsmaßnahmen und ggf. Neuausrichtungen. Sie sollten so gestaltet sein, dass sie flexibel auf sich wandelnde Rahmenbedingungen reagieren können. Sie sollten zudem die Wechselwirkungen zwischen den Landnutzungssystemen beachten. Die von Veränderungen betroffenen ländlichen Räume unterscheiden sich stark hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit („Verwundbarkeit“) gegenüber diesen Einflüssen sowie ihrer entsprechenden Reaktions- und Anpassungspotenziale.

Für das Projekt wurde das Norddeutsche Tiefland mit den vier Modellregionen Diepholz, Uelzen, Fläming und Oder-Spree als Untersuchungsraum gewählt.

Szenarien skizzieren Entwicklung bis 2070

Im Rahmen des Projektes wurde – unter Berücksichtigung der projizierten Klimaänderungen und der erwarteten Preisveränderungen – die Entwicklung der Wälder und der landwirtschaftlichen Produktion vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2070 modellgestützt fortgeschrieben. Dazu wurden drei „Entwicklungspfade“ betrachtet und modelltechnisch umgesetzt. Ausgehend von einer Fortschreibung des Status quo, dem Referenzszenario, wurden zwei weitere kontrastierende Szenarien beschrieben, bei denen sich zum einen die Entwicklung der Landnutzung vorrangig an Klimaschutzzielen und zum anderen vorrangig an den landnutzungsbezogenen Zielen der Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung orientiert.

Vielfalt der Landnutzungen in der Modellregion Diepholz. © NaLaMa-nT
Vielfalt der Landnutzungen in der Modellregion Diepholz. © NaLaMa-nT

Fokus Wasserwirtschaft

Die Modellergebnisse zeigen, dass im betrachteten Zeitraum bis 2070 der Klimawandel – neben einer leichten Verringerung der Gesamtniederschlagsmenge – vorrangig zu einer Umverteilung der jährlichen Niederschläge führen wird. Es werden relativ mehr Niederschläge im Winterhalbjahr als im Sommerhalbjahr fallen, heißere Sommer erhöhen die Transpiration, so dass im Ergebnis den Pflanzen weniger Wasser in der Vegetationszeit zur Verfügung steht. Davon werden die östlichen Modellregionen Fläming und Oder-Spree stärker betroffen sein als die beiden westlichen Modellregionen. Dies hat Folgen für die Grundwasserneubildung, die Nitratkonzentration im Sickerwasser, den Erhaltungszustand der Fließgewässer und den Beregnungsbedarf in der Landwirtschaft. Gleichzeitig müssen zukünftig insbesondere Maßnahmen zur Rückhaltung der Winterniederschläge in der Fläche in vielen Bereichen des Norddeutschen Tieflandes stärker bedacht werden.

Fokus Landwirtschaft

Die Landwirtschaft ist mit ihren in der Regel jährlich kultivierten Fruchtarten in der Lage, relativ kurzfristig und flexibel auf veränderte Umwelt- und Rahmenbedingungen zu reagieren. Dennoch muss auch sie sich schrittweise umstellen. Dies gilt insbesondere für die östlichen Modellregionen, in denen das Wasserangebot in der Vegetationszeit deutlich sinken wird. Auch züchterische Fortschritte in Bezug auf eine erhöhte Trockenstresstoleranz der heute üblichen Ackerfrüchte werden es vermutlich nicht verhindern, dass es aus ökologischen wie ökonomischen Gründen zu Veränderungen in den Fruchtfolgen kommen wird. Der Ausbau und die Effizienzsteigerung von Beregnungssystemen können zwar ggf. dazu beitragen, die Erträge dieser Kulturen kurz- bis mittelfristig zu gewährleisten, langfristig muss aber hierfür eine nachhaltig ausreichende Grundwasserneubildung gesichert sein. Dies erscheint aber bereits heute in einigen Regionen schon fraglich. Insofern muss auch über den Anbau von Kulturpflanzen nachgedacht werden, die einen geringen Wasserbedarf haben.

„Unser Ansatz basiert auf einer gemeinsamen Betrachtung von Land-, Forst- und Wasserwirtschaft. So können wir Wechsel- wirkungen und Wirkungsgefüge für diese Landnutzungsformen aufzeigen, die üblicherweise meist noch separat behandelt werden.“

Dr. Georg Leefken, Norddeutsche Forstliche Versuchsanstalt

Fokus Forstwirtschaft

Die Langfristigkeit der forstlichen Produktion zählt zu den herausragenden Merkmalen der Forstwirtschaft. Wälder, die heute gepflanzt werden, können je nach Baumart erst in 80, 120 oder gar 250 Jahren wirtschaftlich genutzt werden. Bei den heute zu verjüngenden Beständen müssen die Baumarten und Mischungen der Folgegeneration bereits unter Berücksichtigung der zu erwartenden Klimaänderungen weit vorausschauend gewählt werden, damit sie auch in Zukunft stabil sind. Die mit den realen Ausgangssituationen der Wälder in den Projektregionen beginnenden Waldentwicklungsszenarien des Projektes NaLaMa-nT zeigen, welch langer Atem selbst bei konsequenter Umsetzung aller Maßnahmen notwendig ist, um forstwirtschaftliche Ziele zu erreichen.

Die Mehrzahl unserer Waldbestände ist heute noch vergleichsweise jung. Die meisten sind weniger als 60 Jahre alt. Daher würde z.B. ein heute begonnener Umbau der Wälder mit dem Ziel, deren Klimaschutzfunktion durch erhöhte Fixierung von Kohlenstoffdioxid im Boden, in Bäumen und produziertem Nutzholz zu stärken, seine volle Wirkung erst nach dem Jahr 2070 entfalten. Wälder eignen sich insofern nicht für Aktionismus und zur kurzfristigen Erreichung angestrebter Ziele.

Praxisnähe durch aktive Beteiligung der Regionen

Die Modellergebnisse zeigen Handlungskorridore auf und liefern Entscheidungshilfen zur Lösung potenzieller Interessenskonflikte zwischen unterschiedlichen Landnutzungen bzw. Ressourcenansprüchen.

Die intensive Beteiligung der Regionalpartner und relevanter Akteure in den Projektregionen und wichtiger überregionaler Stakeholder während der gesamten Laufzeit des Verbundprojekts sicherte die Praxisnähe, machte die Veränderungsnotwendigkeiten erfahrbar und förderte die Bereitschaft zur Umsetzung der Forschungsergebnisse. Der Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis wurde beschleunigt und legte die Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Landnutzungssystemen offen. Hierdurch wurde ein besseres gegenseitiges Verständnis ermöglicht, der Interessenausgleich indirekt gefördert und die Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume gestärkt.

Wasserkreislauf im Überblick. © NaLaMa-nT
Wasserkreislauf im Überblick. © NaLaMa-nT

Bewertung der Landnutzungen mit neuem Indikatorsystem

Die gemeinsame Betrachtung von Land-, Forst- und Wasserwirtschaft im Verbundprojekt ermöglichte eine bis dahin nicht oder nur in Ansätzen mögliche Gesamtsicht der wichtigsten Landnutzungsformen mit ihren Wechselwirkungen und Wirkungsgefügen. Die für diesen Zweck speziell ausgewählten bzw. entwickelten Nachhaltigkeitskriterien und -indikatoren schaffen eine gemeinsame Bewertungsgrundlage für ein integriertes Landmanagement. Mit diesen Indikatoren lassen sich heutige Zustände bewerten, Veränderungen aufzeigen und Leitbilder konkretisieren. Zudem decken sie Interessenkonflikte und Änderungserfordernisse auf. Die überprüften Entwicklungspfade beschreiben mögliche Handlungsoptionen mit ihren Auswirkungen.

„Von unserer Modellierung können Land- und Forstwirte, aber auch Kommunen und Landkreise mit ihren Fachverwaltungen profitieren.“

Prof. Dr. Hermann Spellmann, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt

Das entwickelte Indikatorsystem ist ein wichtiger Beitrag zur Erarbeitung operationaler Umsetzungsstrategien, die eine ökologisch und ökonomisch tragfähige Landnutzung dauerhaft sichern. Die gewonnenen Ergebnisse und Erfahrungen können für die Beratungs- und Entscheidungstätigkeit örtlicher oder regionaler Institutionen genutzt werden. Sie können ferner für die Konzipierung und Überprüfung von Förderprogrammen und rechtlichen Regelungen im Bereich von Land-, Forst- und Wasserwirtschaft sowie Natur- und Umweltschutz verwendet werden und so die Wirksamkeit politischer Steuerungsinstrumente wesentlich erhöhen. Darüber hinaus decken sie unmittelbaren Handlungsbedarf auf.

Für die beteiligten Modellregionen wurden gemeinsam abgestimmte Leitbilder entwickelt, deren weitere Umsetzung nun durch die Modellregionen verfolgt werden kann. Ergebnisse wurden der Praxis vorgestellt, u.a. Vertretern des Europäisches Fachzentrums Moor und Klima (EFMK), des Grünlandzentrums Niedersachsen/Bremen, der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, der Kreisbauernverbände u.a. und finden im forstlichen Bereich Eingang in die regionale Baumartenplanung und in Merkblättern zur Pflege und Entwicklung der vorhandenen Bestände im Rahmen eines adaptiven Managements.

Weitere Umsetzungen erfolgten u.a. durch einen Beitrag für den Ausschuss für Kreisentwicklung des Landkreises Diepholz oder durch konkrete Betriebsplanungen der Trinkwasserversorgung Magdeburg GmbH.