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Wieviel Energie steckt in Holz – in den Resten des Waldes, den Gehölzen des offenen Landes und den schnellwachsenden Hölzern auf Kurzumtriebsplantagen? Die Forschungen des Göttinger Projekts „BEST“ nutzen Holz in doppelter Weise: als Rohstoff und für eine klimaneutrale Energieversorgung.

Warum Bioenergie?

Bioenergie stammt aus organischen Stoffen von Pflanzen oder Tieren – der sogenannten Biomasse. Im Unterschied zu den fossilen Energieträgern zählt die Bioenergie zu den erneuerbaren Energien, da sich die Biomasse immer wieder neu produzieren und nachliefern lässt. Bei den fossilen Energieträgern ist das dagegen nur in ungeheuer langen, „geologischen Zeiträumen“ möglich.

Weil die Vorräte fossiler Energieträger definitiv endlich sind, gilt es, neue Wege zu finden und zu gehen. Eine „Energiewende“ sollte es ermöglichen, Energie nachhaltig und möglichst ohne große Transportverluste am Ort des Verbrauchs bereitzustellen. Dabei sollte die Produktion der Energie auch Ökosysteme und Umwelt nicht beeinträchtigen. In diesem Sinne kann die Gewinnung von Energie aus Biomasse einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Energieversorgung leisten.

Das Besondere an Holz

Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. Als Energieträger hat Holz eine lange geschichtliche Tradition. Vor Beginn des „fossilen Energiezeitalters“, dessen Ende womöglich absehbar ist, stand über viele Jahrhunderte und Jahrtausende das „hölzerne Energiezeitalter“. Beim Holz kann man hierzulande auf regionale Ressourcen und Anbieter zurückgreifen und sich damit teilweise unabhängig von Energieimporten machen.

Ob die Nutzung von Holz nachhaltig ist, hängt allerdings von dessen Herkunft ab. Die natürlichen Vorkommen und Anbaumöglichkeiten für Holz sind begrenzt. In Deutschland und vielen anderen Ländern hat nachhaltige Forstwirtschaft eine lange Tradition. Der Begriff und das Konzept sind nunmehr schon über 300 Jahre alt: Die Nachhaltigkeitsidee wurde vom sächsischen Forstmann Hans Carl von Carlowitz erstmals 1713 veröffentlicht.

Bei der nachhaltigen Forstwirtschaft wird stets nur so viel Holz genutzt wie nachwächst. Für ein erhöhtes Aufkommen an Holz für die Bioenergiebereitstellung müssen zusätzlich zur traditionellen Forstwirtschaft neue Produktionswege erkundet werden. Das BEST-Projekt widmete sich unter anderem der Frage, wie gut sich Holz in neuartigen, schnellwachsenden Plantagen oder in Kombination mit ackerbaulicher Produktion oder Grünland erzeugen lässt.

Forscher bei der Bilanzierung von klimawirksamen Spurengasen in einem Agroforstsystem. © BEST
Forscher bei der Bilanzierung von klimawirksamen Spurengasen in einem Agroforstsystem. © BEST

Breite Forschung in sieben Themenclustern

Ziel von BEST war es, Konzepte und Lösungsansätze für eine regionale Produktion von Biomasse zu entwickeln und deren Konsequenzen für Wirtschaft und Umwelt zu erforschen. Der Fokus lag dabei auf Holz.

BEST arbeitete mit Versuchsflächen in Thüringen (Thüringer Ackerebene) und Südniedersachsen (Landkreis Göttingen). Im Landkreis und in der Stadt Göttingen sind beispielsweise rund 30 Prozent der Fläche Wälder. Das ist ein ähnlich großer Flächenanteil wie in Deutschland insgesamt. Im Rahmen von BEST wurde das energetisch nutzbare Holzpotenzial für Waldrestholz, Offenlandgehölze und Kurzumtriebsplantagen (KUP) ermittelt.

Die Produktion von Bioenergie steht wegen der begrenzten Anbauflächen und befürchteter Umweltwirkungen im Spannungsfeld unterschiedlicher Beurteilungen und Interessen. Sie muss auch hinsichtlich ihrer ökologischen Konsequenzen umfassend bewertet werden, daher war ein zentraler Aufgabenbereich von BEST. Das Verbundprojekt gliederte sich in die folgenden sieben übergeordneten thematischen Bereiche (Cluster), unter denen sich insgesamt 31 Teilvorhaben einordneten:

• „Ökologische Landschaftsfunktionen“: Hier wurden die naturalen Grundlagen der Biomasseproduktion untersucht (Klima, Bodenverhältnisse, Wasserhaushalt, Spurengasbilanzen etc.).
• „Innovationsfeld Holzreserven“: Wie lassen sich zusätzliche Kontingente an Energieholz wirtschaftlich und umweltverträglich auf der bestehenden Waldfläche mobilisieren?
• „Innovationsfeld Anbausysteme“: Wie lassen sich zusätzliche Produktionsflächen und –systeme ambesten begründen und bewirtschaften?
• „Innovationsfeld neue Holzwerkstoffe und Kaskadennutzung“: Vorschaltung einer stofflichenNutzung vor der finalen thermischen Verwertung, mit entsprechend höherer gesamter Wertschöpfung
• „Ökologische Folgenabschätzung“: Welche potentiell positiven und negativen Umweltwirkungen gehen von neuen Biomasse-Produktionssystemen aus und wie lassen sich letztere kontrollieren und vermindern?
• „Sozioökonomische Bewertung“: Welche betriebswirtschaftlichen und sozialen Effekte sind zu erwarten auf unterschiedlichen Skalen vom Einzelbetrieb bis zur Region?
• „Umsetzung und Partizipation“: Wie vermitteln wir Ergebnisse, Folgerungen und Strategien aus dem
BEST-Projekt, so dass sie angenommen und mittel- bis langfristig in praktisches Handeln überführt werden?

Konfliktfelder und Lösungswege

Die steigende Nachfrage nach Energiepflanzen führt zu einer deutlichen Konkurrenz um die verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzflächen. Eine verstärkte Nachfrage nach Anbauflächen treibt die Preise nach oben. Das Landesamt für Statistik Niedersachsen berichtet über einen Anstieg der Pachtpreise für landwirtschaftlich genutzte Flächen in Niedersachsen zwischen 2010 und 2013 um 22 Prozent. Rund 50 Prozent der Flächen eines niedersächsischen landwirtschaftlichen Betriebes sind Pachtflächen. In Deutschland wurden 2013 auf rund 2,1 Millionen Hektar Energiepflanzen angebaut. Verschiedene Prognosen sagen voraus, dass der Flächenbedarf für Bioenergie bis 2020 auf 4 Millionen Hektar ansteigen kann.

Bedingt durch die immer intensivere Nutzung und den damit verbundenen Verlust an geeignetem Lebensraum wurde in den letzten Jahrzehnten ein starker und auch heute noch anhaltender Rückgang der Artenvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen verzeichnet.

Weniger intensiv (d.h. extensiv) bewirtschaftete Flächen wie Ackerbrachen, Getreidefelder ohne den Einsatz von Düngern und chemischen Unkrautvernichtungsmitteln oder nicht gedüngte Wiesen und Weiden sind die letzten Rückzugsräume für viele Arten in leergeräumten, intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten. Die Untersuchungen im Rahmen des BEST-Projektes haben beispielsweise gezeigt, dass die Zahl der Begleitkrautarten in extensiven Getreidefeldern vier- bis fünfmal höher ist als in konventionell bewirtschafteten Beständen.

„Wir entwickeln nachhaltige Konzepte für holzige Biomasse, die möglichst in der Nähe der späteren energetischen oder stofflichen Nutzung angebaut werden soll.“

Prof. Dr. Christian Ammer, Georg-August Universität Göttingen

Ökologische Impulse durch schnellwachsende Hölzer

Der Anbau von Energiepflanzen kann nicht pauschal als positiv oder negativ für die ökologischen Funktionen, das Landschaftsbild oder die Erholungseignung der Landschaft angesehen werden. Es gibt eine Vielzahl von Energiepflanzen, die sich in Bezug auf Höhe, Blüte und Anbausystem und damit auch in ihrer Wirkung auf das Landschaftsbild unterscheiden. Beispielsweise wirken die in Deutschland häufigsten Energiepflanzen Mais und Raps visuell sehr unterschiedlich. Durch neue und wenig verbreitete Energiepflanzen kann zusätzliche Vielfalt in die Landschaft gebracht werden. Besonders positiv für das Landschaftsbild sind Blühpflanzenmischungen, die sich durch eine hohe strukturelle Vielfalt und farbliche Pracht auszeichnen. Auch Kurzumtriebsplantagen (KUP) können die Strukturvielfalt in der Landschaft erhöhen. In gewissen Maßen können streifenförmige KUP Hecken ersetzen, die durch Flurbereinigungsmaßnahmen in der Vergangenheit als wertvolle Elemente der Kulturlandschaft verloren gegangen sind.

Brennholz wird immer gefragter – doch die Holzvorräte in den Wäldern sind begrenzt. © BEST
Brennholz wird immer gefragter – doch die Holzvorräte in den Wäldern sind begrenzt. © BEST

Die zukunftsfähige Region

Die Stadt und der Landkreis Göttingen möchten in Zukunft die Energieversorgung größtenteils mit regionalen erneuerbaren Energien bestreiten, um den Ausstoß an Treibhausgasen zu vermindern. Um diese Ziele zu erreichen, müssen diese ausgebaut und gleichzeitig der Energieverbrauch gesenkt werden. Rund 30 Prozent der verfügbaren Energie in der Region Göttingen wird von Privathaushalten in Form von Wärme, Warmwasser und Strom genutzt.

Der größte Anteil des Energieverbrauchs der Privathaushalte entfällt dabei auf den Heizungswärmebedarf. BEST hat wesentliche Beiträge zur Entwicklung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes für den Landkreis Göttingen und kreisangehörige Kommunen sowie zum Masterplan „100% Klimaschutz“ der Stadt Göttingen geleistet.

In Verbindung mit energieeffizienten Gebäuden, sinnvollen Gesamtenergiekonzepten und einer nachhaltigen Forstwirtschaft ist die Holzenergienutzung ein wichtiger Baustein im Energiemix aus erneuerbaren Energien. Je besser die Wärmedämmung von Gebäuden und je effizienter die Verbrennung, desto mehr Häuser können nachhaltig mit Holz beheizt werden.

Mit der Kombination aus innovativem Wissenschaftsstandort und ländlich geprägtem Umland bietet die Region Göttingen gute Voraussetzungen für den Ausbau der regenerativen Energien und insbesondere auch der Bioenergie. Der Prozess der Mitsprache und Teilhabe, der im Bereich Bioenergie in die Wege geleitet wurde, war ein Grundbaustein für die Entstehung des Netzwerkes Regenerative Energien, das vom BEST-Projektpartner Energieagentur Region Göttingen betreut wird.